Dem ausgeprägten Pferdeverstand der Tiroler Noriker-Züchter haben es die Hengste zu verdanken, dass sie zwischen ihren Deckeinsätzen im Frühling und ihren Arbeitseinsätzen als Reit- und Zugpferde in den Herbst- und Wintermonaten eine Sommerpause auf der Alm genießen und einfach nur Pferd sein dürfen. Doch dies bedarf durchdachter Vorbereitung und Organisation und vor allem muss im Vorfeld die Rangordnung unter den Hengsten geklärt werden, damit es nicht zu gefährlichen und energieraubenden andauernden Kämpfen kommt.
Auf einer großen Wiesenkoppel werden die stolzen Kaltblüter gleichzeitig vom Halfter gelassen und stürmen sogleich aufeinander los. Wenn im Schnitt sechs mal 800 kg aufeinander zu galoppieren, dann bebt die Erde! In einem wilden Tumult aus hormongesteuerten Prachtkerlen beginnt nach wenigen Sekunden der Kontaktaufnahme über den Geruchssinn das kräftemessende Gerangel, das mit Bissen, Tritten und Bodychecks einen Eindruck davon vermittelt, mit welcher Härte in der Tierwelt gekämpft wird. Nach einer kurzen Zeit des wilden Gerangels im Pulk, kommt es anschließend zu gezielten Zweikämpfen. Was brutal aussieht, ist ein natürliches Ritual zwischen den Hengsten und es ist dabei noch nie zu ernsthaften Verletzungen gekommen. Nach zwei Stunden des schweißtreibenden Kräftemessens beruhigen sich die Gemüter langsam und die Hengste beginnen, friedlich nebeneinander zu grasen. Die Intelligenz und Noblesse der Tiere wird klar sichtbar: Sobald die Hierarchie ermittelt ist, erfolgen keine weiteren, sinnlosen Attacken mehr und einer erholsamen gemeinsamen Zeit auf der Alm steht nichts im Wege.