Ich möchte dir in diesem Blogbeitrag ein paar Tipps geben zum Thema “Hengste fotografieren”
Hengste sind geniale Models, weil sie meistens recht einfach aus der Reserve zu locken sind. Von Natur aus sind sie relativ oft im Präsentationsmodus und das lässt sich perfekt für die Erstellung von ausdrucksstarken Bildern nutzen. Allerdings gilt es ein paar Punkte zu beachten, damit die Fotos auch gut werden und der Hengsthalter mit den Aufnahmen zufrieden ist.
Tipp Nr. 1: Informiere dich vorab über das rassetypische Erscheinungsbild des zu fotografierenden Hengstes
Die Tatsache, dass man einen Hengst vor der Kamera hat, bedeutet meistens, dass es sich um einen außergewöhnlichen Vertreter seiner Rasse handelt und daher in der Zucht, sprich zur Erhaltung und Verbesserung der jeweiligen Rasse eingesetzt wird. Aus diesem Grund sollte man bestens darüber Bescheid wissen, wie diese Rasse fotografisch dargestellt und nach welchen Kriterien ein Zuchthengst dieser Kategorie beurteilt wird. Dabei ist zu beachten, dass je nach Rasse ein und dieselben Körperteile unterschiedlich gesehen werden wollen. Das Studieren von Bildern in Zuchtbüchern kann hier im Vorfeld helfen, den Blick für die richtige Pose und Perspektive zu schulen.
Tipp Nr. 2: Sorge dafür, dass sich sowohl der Hengst, als auch derjenige, der ihn während des Shootings hält, sicher fühlen
Das hormonbedingte Stresslevel eines Hengstes kann je nach Jahreszeit (Decksaison oder nicht), Temperament und Charakter stark variieren. Daher sollte immer derjenige während des Shootings das Pferd halten, der es am besten kennt und regelmäßig mit ihm arbeitet. Besonders Hengste haben oft einen sehr starken Bezug zu einer bestimmten Person, diese Art von Halt sollte ihm vor allem auch während der Ausnahmesituation “Fotoshooting” zur Verfügung stehen. Im Gegensatz dazu ist Angst vor dem Hengst zu haben nicht nur ein schlechter Ratgeber, sondern kann im schlimmsten Fall zu äußerst gefährlichen Situationen führen.
Tipp Nr. 3: Die Wahl des richtigen Halfters
Weise zu wählen ist auch das jeweilige Zaumzeug bzw. Halfter, das während des Shootings verwendet wird. Hengste wissen ganz genau, in welchem “Outfit” es zum Decken geht und was man(n) zum Spazieren gehen trägt. Für Hengste, die auf Schauen präsentiert werden, kann es von Vorteil sein, das jeweilige Showhalfter auch fürs Shooting zu nehmen. Damit assoziieren sie zwar die Situation, sich präsentieren zu müssen, allerdings ohne weibliche Anfeuerung, was von Vorteil sein kann, damit der Hengst nicht nur noch an den Liebesakt denkt und ihm dabei egal ist, wie er auf den Fotos rüberkommt.
Tipp Nr. 4: Betone die körperlichen Highlights des Hengstes
Wie eingangs schon erwähnt, sollte der Hengst möglichst rassetypisch fotografiert werden. Darüberhinaus versuche ich zudem, ihn groß, maskulin und selbstbewusst darzustellen bei gleichzeitigem stolzen und sanftmütigen Ausdruck. Das erfordert, im Pferdekörper eine gewisse Spannung zu erzeugen, um die Muskeln hervortreten zu lassen und die einzelnen Körperpartien kraftvoll und elegant in Szene zu setzen. Blickfang eines jeden gut trainierten Hengstes ist meist der Hals, der gut bemuskelt und flexibel sein sollte. Wird dieser zudem von einer beeindruckenden Mähne umspielt, gilt es beides gekonnt zu kombinieren. Das kann beim Haflinger und Friesen die lockige Enthüllung der Haarpracht sein, beim Lusitano das Gegenteil in Form von künstlerischem Flechtwerk, das die Mähne beiseite “schiebt”, um den freien Blick auf den mächtigen Hals zu haben.
Wie bringe ich nun den Hengst dazu, sich in Präsentierlaune zu begeben? Ich möchte dabei vorausschicken, dass hier die letzte Entscheidung niemals dem Fotografen, sondern in jedem Fall dem Pferdebesitzer bzw. -halter obliegt! Denn nur dieser weiß (und das auch nicht immer zu 100%), wie der Hengst sich beim Setzen von gewissen Reizen verhält. Wir Fotografen machen Vorschläge und dann entscheidet der Besitzer, wie am besten vorgegangen wird.
Tipp Nr. 5: Finde die richtigen Hilfsmittel, um die Aufmerksamkeit des Hengstes zu erlangen
Zuerst sollte man es immer mit den üblichen Hilfsmitteln wie Reflektor, Rascheltüte und Co. probieren. Viele Hengste sind so neugierig und verspielt, dass solche Dinge schon ausreichen, um sie in Spannung und somit in eine anmutige Haltung zu versetzen. Auf dem obigen Bild hielt die Assistentin dem Lusitano-Hengst eine Pfauenfeder vor die Nase.
Tipp Nr. 6: Hole dir Unterstützung in Form von weiblichem Charme
Wenn man mit Profis zusammenarbeitet, geht man oft einen Schritt weiter und holt aus dem Stall, was den Hengst meist sofort in höchste Entzückung versetzt: eine Stute. Im besten Fall ist es eine Stute, die er kennt und die er mag. Allzu stürmisch sollte der Hengst dabei allerdings nicht werden, denn damit entsteht zu viel Anspannung, die man auf den Bildern sieht und die nichts mehr mit stolzem Bezirzen zu tun hat, sondern nur noch mit kopflosem Getriebensein. Man muss hier also mit viel Einfühlungsvermögen und Pferdeverstand entscheiden, wie weit man gehen kann und was man sehen will auf den Fotos. Ich habe schon erlebt, dass die Hengste richtig verliebt zu blubbern beginnen, wenn sie ihre Angebetete zu Gesicht bekommen oder dass sie vor lauter Staunen ganz große Augen und mega schön geformte Hälse machen. Das Ganze funktioniert manchmal auch schon, wenn sie die Stute nur von Weitem sehen bzw. in dem Moment, wenn diese aus dem Stall heraustritt. Auch hier wieder gilt es vor allem darauf zu achten, wie das jeweilige Individuum reagiert und dann abzuwägen, wie man weiter vorgeht.
Tipp Nr. 7: Hol dir Unterstützung durch ein anderes Pferd
Ich habe schon Hengste erlebt, die sich nicht die Bohne für eine Stute interessierten, weil sie einfach wussten, dass es nicht die “Ihrige” oder eben nicht der richtige Zeitpunkt war. Solche klugen Köpfe muss man anders aus der Reserve locken. Hier kann man es mit einem Wallach versuchen. Auch wenn der reproduktionstechnisch “leicht eingeschränkte” Artgenosse keine wirkliche Bedrohung mehr darstellt, kommt es trotzdem durchaus vor, dass die Behauptung des Thrones mit ein wenig Machtgehabe unterstrichen werden muss. Aber auch hier bitte nicht zu weit gehen! Man will einen stolzen und über alles erhabenen Hengst auf den Bildern sehen, keinen, der in Kampfeslaune und mit gefletschten Zähnen auf einen vermeintlichen Eindringling losgeht.
Tipp Nr. 8: Entferne Duftmarken, die den Hengst ablenken während des Shootings
Ein beliebtes Mittel ist es auch, einen Lappen mit dem Geruch von Stuten einzureiben und diesen dann dem Hengst vor die Nase zu halten. Allerdings halte ich das nicht für die beste Methode, denn meistens beginnen die entzückten Herren zu flehmen und kriegen sich ob der herrlichen Durftmarken gar nicht mehr ein. Die Duftmarken gilt es auch zu beachten, wenn Bewegungsbilder gemacht werden sollen. Auf jeden Fall muss man daran denken, die Weide richtig zu wählen, denn soll der Hengst auf einem Stück Wiese laufen, wo vorher Stuten drauf waren, wird man seine Nase nicht von den aphrodisierenden Pferdeäpfeln wegbekommen.
Tipp Nr. 9: Nutze das gesamte Potenzial des Hengstes für professionelle Standbilder
Perfekte Standbilder bekommt man am leichtesten, wenn der Hengst schautrainiert ist. Er weiß dann, wie man sich hinstellen muss und kennt auch die Ausrichtung aller weiteren Körperteile wie Hals und Kopf genauestens. Hier braucht es wieder den Trainer oder die Bezugsperson, mit welcher der Hengst im Alltag unterwegs ist. Die beiden sind im besten Fall ein eingespieltes Team, sodass man im Profi-Modus das perfekte Standbild erstellen kann.
Ich möchte hier auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass es schwierig oder gar gefährlich ist, Hengste zu fotografieren. Allerdings sind die Sicherheitsvorkehrungen doch etwas ernster zu nehmen, einfach weil ein Hengst aufgrund seiner hormonellen Disposition anders reagiert als ein Wallach oder eine Stute. Das ist jetzt sehr allgemein formuliert und es sollte selbstverständlich sein, dass man sich als Pferdefotograf mit Pferden soweit auskennt, um im jeweiligen Moment richtig entscheiden und reagieren zu können.
Ich persönlich liebe es, mit Hengsten zu arbeiten! Ich mag ihre expressive Art und auch ihre enorme Intelligenz, mit der sie gewissen Situationen begegnen. Außerdem schmelze ich regelmäßig dahin, wenn sie ihren verliebten Gesichtsausdruck aufsetzen beim Anblick ihrer Herzdamen. Manche verrenken sich dabei fast den Hals, um ja nahe genug an die Liebste heranzukommen, machen aber keinen Schritt nach vorne, weil sie gut erzogen sind und ihren Menschen respektieren. Es gibt für mich kaum etwas Schöneres als einen gut handelbaren Hengst, der leicht wie eine Feder in der Hand liegt, wo er sich zu einer wahrhaft beeindruckenden Erscheinung formt und tänzelnd um die Gunst seiner Bewunderer feilscht im Wissen um seine atemberaubende Schönheit.
Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Einblick geben, wie ich es angehe, wenn ich einen Hengst fotografiere. Sei dir stets bewusst darüber, dass du einen außergewöhnlich schönen und wertvollen Vertreter seiner Rasse vor der Kamera hast und begegne ihm auf Augenhöhe: wertschätzend, mit Umsicht und von Herz zu Herz … so wie du es mit allen anderen Pferden auch machen solltest … aber wir sprechen momentan ja von Hengsten …
Alles Liebe, deine Julia
Comment
EINFACH HERZLICH – HERZLICH EINFACH
Jedes Fotoshooting mit Julia Moll gestaltet sich von der Terminvereinbarung bis zum Erhalt der Fotos absolut profimäßig, unkompliziert und schnell. Kein anderer Fotograf ist in der Lage sich in die Seele eines jeweiligen Pferdes so einzufühlen, sei es Stute, Junpferd oder Hengst, im Portrait oder im Freilauf. Besonders liebe ich Julia’s Vermögen das Beste aus jeder erdenklichen Situation herauszuholen, ihre Fotos von meinen Hengsten sind spektakulär!
Julia besitzt die Gabe “ein Pferd zu fühlen” und hat die Pferdefotografie neu erfunden und zur Kunst erhoben!