Lieber Fotografie-Begeisterte!
Seit drei Tagen schreibe ich an einem Artikel über die Pferdefotografie für das mexikanische Magazin PASSIÓN PRE. Das hat nicht nur den Vorteil, dass ich mein Spanisch revitalisieren musste, sondern auch, dass ich meine Gedanken zur Fotografie wieder einmal geordnet und zu Papier gebracht habe. Den Artikel habe ich mit 7 Tipps beendet, die meiner Meinung nach für jeden einfach umzusetzen sind und sogleich zu besseren Pferdefotos führen. Nachdem ich nun das Ganze schon auf Spanisch niedergeschrieben habe, übersetz ich es einfach mal wieder zurück ins Deutsche und hoffe, euch damit ein paar wertvolle Gedanken zum Fotografieren von Pferden mit auf den Weg geben zu können.
Tipp *1 Fotografiere mit offener Blende
Das Fotografieren mit einer weit geöffneten Blende, zum Beispiel f2.8 oder noch weniger, hat zur Folge, dass der Hintergrund unscharf wird und sich das Motiv von ihm abhebt. Dies vermittelt Ruhe im Bild und ermöglicht unserem Auge, dass es sich auf das Wesentliche, in unserem Fall das Pferd, konzentrieren kann. Dabei hilft es auch, das Pferd möglichst weit vom Hintergrund zu entfernen, somit kann dieser herrlich einfach verschwimmen und der Blick erreicht unbeirrt das wichtigste Element auf dem Foto.
Tipp *2 Halte die Verschlusszeit so kurz wie möglich
Weil die minimalste Bewegung des Pferdes zu einem unscharfen Bild führen kann, ist es vonnöten, mit einer möglichst geringen Verschlusszeit zu arbeiten. Besonders bei Bewegungsbildern sollte man nicht unter 1/1000 sec fotografieren, um das Motiv in voller Schärfe abzulichten. Priorität vor Blende und ISO sollte immer die Verschlusszeit haben, denn was nützt es, ein helles Bild zu haben, das unscharf ist? Hingegen kann ein etwas zu dunkel geratenes Bild einfach in Lightroom oder Photoshop korrigiert werden.
Tipp *3 Studiere das natürliche Licht
“Fotografieren” kommt aus dem Griechischen und bedeutet “Malen mit Licht”, was impliziert, dass es ohne Licht keine Fotografie gibt. Das natürliche Licht ist der beste Freund des Fotografen, wenn er es zu nutzen weiß. Es kann direkt auf das Motiv fallen, es von der Seite beleuchten oder als Gegenlicht fungieren. Je nachdem was die Bildaussage ist, versuche ich das Licht so oder anders zu verwenden. Für sehr stimmungsvolle Bilder bietet sich Gegenlicht und vor allem das frühe Morgen- oder späte Nachmittagslicht an. Mache ich Fotos von Verkaufspferden, möchte ich direktes Licht auf dem Pferd haben, um jedes Detail genau herausarbeiten zu können. Das von der Seite einfallende Licht gibt mir die Möglichkeit, Kontraste schön zur Geltung zu bringen. Und dann muss ich noch gestehen, dass ich sehr gerne bei bedecktem Himmel fotografiere. Dies vermeidet Probleme mit harten Schatten und die Farben der Pferde kommen unverfälscht zur Geltung. Bedeckter Himmel heißt jedoch nicht, dass kein Licht vorhanden ist, vielmehr ist es durch die Wolken nur abgeschwächt, und sollte deshalb bezüglich der Richtung, aus der es kommt, ebenfalls berücksichtigt werden.
Tipp *4 Es ist alles eine Frage der Perspektive
Es gibt einen Grund, warum wir Tierfotografen immer grüne Flecken auf unseren Hosen haben – weil wir dauernd auf dem Boden herumliegen! Die Perspektive von unten nach oben zum Pferd hinauf verleiht dem Tier eine majestätische Erscheinung. Es gilt auf jeden Fall immer, mit verschiedenen Perspektiven zu experimentieren! Versuche nicht, das Pferd zu bewegen, du selbst musst dich bewegen … und du wirst überrascht sein, wie sich dein Motiv verändert. Aber nicht nur auf das Motiv kannst du so Einfluss nehmen, sondern auch auf den Hintergrund, der ebenfalls mit deiner eigenen Position variiert.
Tipp *5 Fokussiere das Auge
Das Auge ist das Fenster zur Seele. Die Bedeutung, die wir dem Auge geben, spiegelt sich auch in der Fotografie wider. Daher ist es (bis auf diverse situative Ausnahmen) unabdingbar, dass das Auge scharf fotografiert ist, damit sich beim Betrachter der Eindruck eines korrekt umgesetzten Bildes einstellt. Wähle deshalb die Autofokusfelder deiner Kamera so aus, dass sie das Auge des Pferdes erfassen und scharf stellen.
Tipp *6 Porträtiere rassetypsich
Jede Pferderasse hat ihre Merkmale, die mittels der Bilder herausgearbeitet werden sollten. Ein Spanier darf nicht wie ein Vollblutaraber herüberkommen, genauso wenig sollte ein Quarter Horse an einen Friesen erinnern. Deshalb ist es sehr wichtig, sich mit den rassetypischen Charakteristika vertraut zu machen, bevor man das jeweilige (Rasse)Pferd vor die Kamera nimmt. Dazu gehört auch das Wissen darüber, wie man Pferde aufstellt, wie man ihren Hals und ihr Gesichtsprofil präsentiert sowie Kenntnis davon, welchen Moment man vom Bewegungsablauf sehen möchte. Trägt das Pferd während des Shootings Equipment, sollte dies ebenfalls der Rasse entsprechend sein sowie die Schönheit des Tieres unterstreichen und niemals davon ablenken.
Tipp *7 Schau mit deinem Herzen
Der letzte und zugleich wichtigste Tipp ist, schau mit deinem Herzen auf das Pferd! Nimm dir einen Moment Zeit, schließe die Augen, lege die Hand auf den Hals des Pferdes und lasse zu, dass du dich mit jeder Faser deines Körpers und deines Geistes der Pferdeseele gegenüber öffnest. Alles Wissen um die Technik, das Licht, die richtige Perspektive etc. nützt dir nichts, wenn du dich dem Wesentlichen, dem Wesen des Pferdes gegenüber verschließt und es nur als “Motiv” siehst.
Ich hoffe, ich konnte dir mit diesen Tipps ein paar Anregungen für die Verbesserung bzw. Weiterentwicklung deiner (Pferde)Fotografie-Skills geben. Wenn du tiefer in die Materie eintauchen möchtest, gibt es die Gelegenheit, dich ganz individuell von mir coachen zu lassen. Zusätzlich arbeite ich momentan an der Organisation eines Workshops in Andalusien. Wenn du daran Interesse hast, dann schicke mir gerne ein eMail, damit ich dich mit sämtlichen Informationen dazu auf dem Laufenden halten kann.
Herzlichst,
deine Julia
5 Comments
Liebe Julia, ich folge deiner Arbeit jetzt schon länger und bin begeistert… Da ich sehr großes Interesse an einem Workshop in Andalusien habe, würde ich mich über die Infos freuen.
Liebe Grüße, Jenny
Liebe Julia,
Danke für deine Tipps. Deine Fotos sind wahre Kunstwerke, ich bin jedesmal begeistert, ob es Fotos bei Facebook, auf deiner Webseite oder die deiner Kalender sind.
Ganz liebe Grüße , Gaby
Liebe Julia,
gibt es schon konkrete Daten zu dem Workshop in Andalusien? Liebe Grüße von Biggi (auf FB Gesha Hannoveraner)
Mein Onkel ist ebenfalls Fotograf. Durch ihn habe ich angefangen mich für Fotografie zu interessieren. Ich finde den Tipp das natürliche Licht zu studieren richtig gut. Man sieht schon am Website-Bild, dass dieses Prinzip richtig angewandt tolle Effekte bringt.
Sehr schöne Fotos, habe es auch gerade mal mit einem Pferd probiert gar nicht so einfach.
Auch für deine Tipps, werde mal schauen das ich die umgesetzt bekommen, bin Anfänger in der Digitalfotografie und hab da noch so bisschen meine Schwierigkeiten. 😀
Gefallen mir echt gut deine Bilder. 😀